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Newsletter der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen 19/2024


Editorial


Liebe Leserinnen und Leser,

oft wird der 9. November als „Schicksalstag“ der Deutschen bezeichnet: 1848 siegte mit der Erschießung des Demokraten Robert Blum in Wien die Restauration. 1918 wurde in Berlin - gleich zwei Mal - die deutsche Republik ausgerufen und damit in Deutschland die Monarchie abgeschafft. 1923 misslang der antirepublikanische Hitlerputsch in München. 1938 fanden in ganz Nazi-Deutschland Novemberpogrome an der jüdischen Bevölkerung statt. Schließlich läutete 1989 der Fall der Berliner Mauer das Ende der DDR endgültig ein. Waltete hier jeweils „das Schicksal“, griff also eine höhere Macht ins Leben der Deutschen ein und bestimmte über die Fortentwicklung ihrer Verhältnisse? Nein, es waren stets tatkräftige Menschen, die bewusst handelten und ihre Wirklichkeit in ihrem Sinne verändern wollten. Einerseits Freiheitskämpfer, Demokraten und Menschenrechtsaktivisten wie Blum 1848, Scheidemann 1918 oder die Bürgerrechtler in der DDR 1989, andererseits Reaktionäre, Demokratieverächter und Gewaltbereite wie der die Exekution Blums durchsetzende Feldmarschall zu Windisch-Grätz, die Putschisten um Hitler 1923 oder die Nazimörder 1938. Der 9. November– zufälligerweise dieser Tag – spiegelt wie kaum ein anderer den von Rückschlägen betroffenen Kampf der Deutschen um Volksherrschaft, Emanzipation und Menschenwürde wieder. Es ist ein Tag der Ambivalenz, der einladen sollte zum Nach- und Ge-Denken. Ein Tag der aufmerksam machen kann, dass Demokratie, Freiheit und Grundrechte den Menschen in Deutschland wie überall auf der Welt nicht in den Schoß fallen, sondern immer wieder verteidigt und errungen werden müssen. Unser Veranstaltungs- und Publikationsangebot hält für Interessierte hierzu Informationsmöglichkeiten und Denkanregungen bereit.

Ihr Wieland Koch, Referent in der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen


Kino-Filmreihe
Filmreihe zum 35. Jahrestag des Mauerfalls


8.11.2024 bis 10.11.2024 | Weimar, Kino mon ami

Zum 35. Jahrestag des Mauerfalls haben die Landeszentrale und das Kino mon ami Weimar eine kleine Filmreihe vom 8. bis 10.11.2024 zusammengestellt. Am 9. November wird Andreas Voigt als Gesprächspartner zu Gast sein und seinen Film „Letztes Jahr Titanic“ (D 1991) sowie den zusammen mit Gert Kroske unmittelbar im Herbst 1989 gedrehten Film „Leipzig im Herbst“ (DDR 1989) präsentieren. „Leipzig im Herbst“ dokumentiert die sich überstürzenden Ereignisse auf den Straßen in Leipzig 1989. „Letztes Jahr Titanic“ ist die gedankliche Weiterführung der im Oktober 1989 begonnenen Dokumentation. Lebensgeschichten, Schicksale, Alltagsgeschichten in Leipzig - aufgenommen von Dezember 1989 bis Dezember 1990, im letzten Jahr der Deutschen Demokratischen Republik. Tags zuvor am 08.11. geben der kollektiv erarbeitete Film „… sonst steht ja der Betrieb hier still“ (BRD 1973) von Jörg Gfrörer u. a. Einblick in die deutsche Arbeitswelt West, „Wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann“ von Helke Misselwitz in die Arbeitswelt Ost. Am Sontag den 10.11. ab 18:00 Uhr sind Lutz Rathenow und Dr. Claus Löser zu Gast und stellen, moderiert von Katharina Kempken (Bildungsreferentin ThürAZ), den Film "Zärtlich kreist die Faust - Filmtagebuch mit Lutz Rathenow, Schriftsteller, Ostberlin" (D 1990) vor. Zu erleben ist ein vom SWR 1990 produziertes filmisches Zeitzeugnis, das den Zuschauer mitnimmt in den Alltag des Tagebuchschreibers Rathenow vom 27. Januar bis 18. Februar 1990, in dem er in Ost - und Westberlin ist, aber auch in seine Heimatstadt Jena reist.

Veranstaltungen der LZT


Veranstaltung
Tobias Frank: „…damit zusammenwächst, was zusammengehört.“


14.11.2024 | 19:00 | Bad Lobenstein, Stadtbibliothek | 28.11.2024 | 19:00 | Bibliothek Saalfeld

Auch wenn sich die Friedliche Revolution in diesen Tagen das 35. Mal jährt, ist das Zusammenwachsen von Ost- und Westdeutschland noch nicht abgeschlossen. Vielfach wird von der „Mauer in den Köpfen“ gesprochen. Tobias Frank geht in seinen Büchern „… damit zusammenwächst, was zusammengehört.“ auf Ursachensuche. Er beschreibt den schwierigen Prozess der Transformation nach dem Mauerfall, und analysiert mit kritischem Blick Verdrängungsstrategien und verbreitete Mythen über die DDR, die das Zusammenwachsen bis heute erschweren.


Veranstaltung
„… und es wurde Licht!“ Lesung zum jüdisch-arabischen Zusammenleben in Israel mit Igal Avidan


14.11.2024 | 19:00 | Weimar, Herdersaal, Herderplatz 7

Der israelische Journalist und Autor Igal Avidan berichtet – entgegen der üblichen Fernsehbilder – aus einer bewegten Gesellschaft, in der Juden und Araber längst ein Zusammenleben gefunden haben, das den Vorstellungen von „ewigem Hass“ nicht entspricht.

Veranstaltung der Evangelischen Akademie Thüringen, der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Weimar und der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen.


Veranstaltung
Augustinerdiskurs „Gespaltene Gesellschaft?“ Politik, Ökonomie und Kultur im Superwahljahr


28.11.2024 | 19:00 | Erfurt, Augustinerkloster, Augustinerstraße 10

Von der Wirtschaft über die Kultur bis zur Wahlurne - ein Spalt tut sich auf in der Gesellschaft. So zumindest der medial oft wiederholte Befund. Wir alle kennen und erleiden Symptome, die für diese Diagnose sprechen.

Vermeidungsstrategien helfen in der Familie oder im Freundeskreis mehr schlecht als recht, um Risse nicht zu Abgründen werden zu lassen. Auf der Ebene der Gesellschaft aber spielt sich ein Drama ab, dem sich niemand entziehen kann. Welche Vorstellungen und Hintergründe sind mit den Reizthemen verbunden? Warum gehen Menschen ihretwegen an die Decke und auf's Ganze? Gibt es einen roten Faden, der alle Streitpunkte verbindet? Ist es richtig, die vielen Bruchkanten als Entweder-Oder-Spaltung darzustellen? Und vor allem: Wie kommen wir aus unseren Gräben raus?

Vortrag und Publikumsgespräch mit dem Soziologen Prof. Dr. Tilman Reitz, Friedrich-Schiller-Universität Jena und einem Zwischenruf von dem Ökonomen Dr. Sebastian Thieme, Katholische Sozialakademie Österreichs Wien

Eine Veranstaltung der Landeszentrale für politische Bildung, der Evangelischen Akademie Thüringen und des Zukunftsfähigen Thüringen e. V.

Bild: Foto: Gedenktafel in Biedenkopf/Hessen | Quelle: Sir James/Wikimedia Commons (CC)

Weitere Informationen


Ausstellung
Sei a Mensch. Israel und der 7. Oktober


Am 9. November gedenken wir der Opfer der Reichspogromnacht. Antisemitische Ausschreitungen, die von der nationalsozialistischen Führung organisiert wurden, standen am Beginn der Ermordung von Millionen Jüdinnen und Juden im Holocaust. Die Forderung „Nie wieder“ bedeutet, entschieden jeder Form von Antisemitismus entgegenzutreten.

Seit dem 7. Oktober 2023 erleben wir eine dramatische Zunahme von israelbezogenem Antisemitismus. Im Rahmen einer Sonderausstellung zeigen wir im Stadtmuseum Erfurt noch bis zum 30.3.2025 in Zusammenarbeit mit den Geschichtsmuseen Erfurt, der KAS Thüringen, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und den Jüdisch-Israelischen Kulturtagen Fotografien von Halina Hildebrandt. Die Ausstellung lädt dazu ein, sich mit den Wunden, die der 07. Oktober 2023 in der israelischen Gesellschaft hinterlassen hat, auseinanderzusetzen und setzt damit ein starkes Zeichen gegen Antisemitismus.

Informationen zur Ausstellung


Bundeswettbewerb
Demokratisch Handeln


Derzeit läuft dDie diesjährige Ausschreibungsrunde des Bundeswettbewerbs „Demokratisch Handeln“. Bis zum 15. Dezember haben engagierte junge Menschen bis zu 25 Jahren die Chance, sich mit Projekten zu bewerben, in denen sie sich mit eigenen Ideen für ein demokratisches Miteinander stark machen. Egal ob im Kleinen oder im Großen, mit Kunst, Politik, für die Umwelt, die Stadt oder die Schule – jede und jeder kann einen Beitrag leisten.

Der von der Kultusministerkonferenz empfohlener Wettbewerb mit Sitz in Jena setzt sich seit 35 Jahren für die Würdigung, Sichtbarmachung und Vernetzung der Engagement-Projekte ein. Im letzten Jahr hat eine Rekordzahl von 420 Projekten mit insgesamt 15.300 jungen Menschen teilgenommen. Auch in diesem Jahr soll mit dem Wettbewerb ein Zeichen für Demokratie, Zusammenhalt und Chancengerechtigkeit gesetzt werden.

Was gibt es zu gewinnen? Zu gewinnen gibt es eine Reise nach Berlin zum Junify Demokratiefestival: Dort stehen Austausch, Vernetzung und spannende Workshops auf dem Programm. Außerdem gibt es attraktive Sonderpreise, unter anderem aus den Bereichen Film, Journalismus und Kunst.

Zum Wettbewerb

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