Veranstaltungen

26.01.2024 | 11:00 | Erfurt, Erinnerungsort Topf & Söhne, Sorbenweg 7
Buchvorstellung und Gespräch mit Andor Andrási, ehemaliges Sztehlo-Kind

Im Frühjahr 1944 besetzte die Wehrmacht das mit dem Deutschen Reich verbündete Ungarn, die Nationalsozialisten begannen sogleich mit der massenhaften Deportation und Ermordung der ungarischen Jüdinnen und Juden. Gleichzeitig erhielt der ungarische Pfarrer Gábor Sztehlo (1909-1974) von seinem Bischoff den Auftrag, die Kinder jüdischer Abstammung zu retten.
In seinem Buch In Gottes Hand erzählt Gábor Sztehlo vom verzweifelten Kampf, Verstecke zu finden für die Kinder, auf die ansonsten nur Deportation und Tod warteten. Gemeinsam mit Gleichgesinnten gelang es ihm unter Einsatz seines Lebens, innerhalb kürzester Zeit für die Kinder in 32 Objekten in ganz Budapest eine sichere Unterbringung zu organisieren. Bis zum Kriegsende rettete Sztehlo mehr als 2.000 Juden und Jüdinnen das Leben, drei Viertel davon waren Kinder.
Gemeinsam mit den Kindern und seinen Mitstreiter*innen entwickelte er die Idee zu dem reformpädagogischen Projekt Gaudiopolis (Stadt der Freude), eine von Kindern und Jugendlichen selbstverwaltete Republik. Von 1945-1950 verwirklichten sie diese Idee einer gelebten Utopie, in der Kinder und Jugendliche unterschiedlichster Herkunft gemeinsam daran arbeiteten, die Demokratie »neu« zu lernen und selbst zu bestimmen, wie sie leben. Sie trafen aufgrund von Wahlen Entscheidungen und sorgten gemeinsam für ihren Unterhalt und Überleben.
Mit dieser Kinderrepublik wollte Gábor Sztehlo Gemeinschaft und Toleranz unter den Kindern stärken, unabhängig von ihren religiösen oder sozialen Wurzeln. Nach dem Abgrund der Shoah hoffte der Pfarrer, dass die neue Generation Wege findet, eine friedliche Gesellschaft aufzubauen.

Andor Andrási lebte ab 1945 als Halbwaise für vier Jahre in Gaudiopolis und engagierte sich als Sztehlo-Kind dafür, dass der Bericht von Gábor Sztehlo 2020 erstmals auf Deutsch erschien. Andors katholische Mutter hatte die Kinder allein durchbringen müssen, nachdem ihr jüdischer Mann ab 1942 Zwangsarbeitsdienst in der ungarischen Armee hatte leisten müssen und an der russischen Front gestorben war. Dennoch versteckte sie ein altes jüdisches Ehepaar in ihrem Haus und verwahrte für viele jüdische Familien deren Besitz. Von einer überlebenden jüdischen Bekannten erfuhr sie 1945 von Gabór Sztehlo, der nun auch ihr half und ihre beiden Söhne bei sich aufnahm.
In Gottes Hand. Die Rettung jüdischer Kinder in Budapest 1944/45
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